faslamskarte
Eine Karte der Verbreitung des Faslamsbrauches. Unverkennbarer Hotspot ist der Landkreis Harburg und umliegende Gebiete.

Wer nicht im Landkreis Harburg südlich von Hamburg wohnt, der weiss mit großer Wahrscheinlichkeit nichts mit dem Begriff „Faslam“ anzufangen, denn es handelt sich um einen regional recht begrenzt gepflegter Brauch. Wollte man es in möglichst wenigen Worten erklären, könnte man ihn vielleicht mit „sowas wie Karneval auf norddeutsch, nur mit anderen Wurzeln und nicht so spießig“ beschreiben.

Ursprung

In grauester Vorzeit, so vor hundert oder noch mehr Jahren (in Hoopte weiß man es verbrieft von 1924 als erste Erwähnung laut Dorfchronik, was aber auch nichts heißen muss), fiel den ersten Faslamsbrüdern der Weltgeschichte aufgrund des Winters die Decke auf den Kopf. Es handelte sich dabei der Überlieferung nach um Knechte und Mägde der ansässigen Bauern und die hatten in der kalten Jahreszeit nicht allzu viel zu tun. Fernsehen gab es auch nicht und so musste man selbst für Unterhaltung sorgen. Was also tun? Die Antwort fiel ähnlich aus, wie sie heute ausfallen würde: Na klar, Party machen.

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Faslamsumzug Hoopte, 1950
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Hoopter Faslam 1930. Links das Gasthaus „Zur Post“, heute „Sievers Gasthaus“

Nun handelte es sich bei diesen allerersten Faslamsbrüdern nicht um besonders gut situierte Leute, besonders nicht, wenn sowieso grade keine Arbeit zu haben war. „Sozial schwach“ würde man heute sagen. Deswegen machten sie kurzerhand einen Zug durchs ganze Dorf und schnorrten sich zusammen, was sie für die große Fete brauchten. Ja, und danach feierten sie eben, legten sich irgendwann besoffen nieder, standen auf und soffen wieder… so wird es jedenfalls bis heute im Faslamslied besungen.

Faslam in Hoopte heute

Und so ähnlich läuft es auch heute noch ab, auch wenn die Feierlichkeiten noch ein bisschen ausgedehnt und durch weitere Veranstaltungen erweitert worden sind. Zum Beispiel durch den Faslamsumzug am Sonntag, der, wie man sich denken kann, eine gewisse Vorbereitung voraussetzt. Da müssen nicht nur Wagen gebaut, Kostüme genäht und noch davor viele feuchtfröhliche „Baubesprechungen“ abgehalten werden, sondern auch Kutscher, Spielmannszug und Feuerwehr ins Boot geholt werden.

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Der Hoopter Faslam hat seit Jahrzehnten mit dem „Hoopti“ als einziger Faslam in Winsen ein richtiges Maskottchen. Hier eine der ersten Umsetzungen als Wagen beim Faslamsumzug1983.

Faslam beginnt in Hoopte darum bereits Anfang November mit einer großen Versammlung, bei der Faslamsmudder und Faslamsvadder gewählt werden. Es gilt das ungeschriebene Gesetz, dass hier gleichgeschlechtlich gewählt wird und von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen, suchen sich die Faslamsbrüder nach wie vor meist männliche Vaddern und Muddern aus.

Dieses Faslamspaar bildet sozusagen die Galionsfiguren des Faslams. Sie eröffnen jede Party mit einem – meist aufwendig einstudierten und entsprechend mehr oder weniger hinreißendem – Tanz und geben dem „Lumpenball“, der Kostümparty am Faslamswochenende im Januar, sein Motto.

Manche Baugruppen haben zum Zeitpunkt dieser „ersten Versammlung“ im Oktober oder November oft schon erste Ideen für ihren Wagen, die sie dann ab Weihnachten anfangen zu bauen. Ab Anfang Januar mehren sich dann auch die offiziellen Faslamsfeierlichkeiten: Mittwochs trifft man sich zum Stammtisch, bei dem offiziell verschiedene organisatorische Dinge besprochen werden können, in Wahrheit aber vor allem das „Stiefeltrinken“ lockt. Eine zweite und dritte Faslamsversammlung und diverse Baupartys der Gruppen selbst folgen, bevor das eigentliche Faslamswochenende Ende Januar / Anfang Februar folgt.

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Zeitungsbericht des „m+h-anzeiger“ zum Hoopter Faslam 1974

Das beginnt mit der dritten und letzten Faslamsversammlung und unserer traditionellen Buddelversteigerung am Freitagabend. Bei dieser werden nicht nur viele Schnäpse gekauft, sondern auch getrunken und so entwickelt sich bereits der Auftakt zur ersten richtigen Party eines langen Wochenendes.

Den Samstag über wird dann noch letzte Hand an den Wagen und Kostümen angelegt, bevor es am Nachmittag eine Kindermaskerade und schließlich am Abend den Lumpenball gibt, bei dem ausgelassen bis in die frühen Morgenstunden gefeiert wird.

Wenige Stunden später beginnt dann mit dem Faslamsumzug der Höhepunkt des Wochenendes: Aus Richtung Stöckte kommend (Achtung: Die Umzugsrichtung variiert alle paar Jahre möglicherweise mal) und an der Feuerwehr eine Ehrenrunde drehend, fahren, tanzen, laufen und wanken die Faslamsbrüder mit ihren Kostümen, Handwagen und großen Festwagen einmal komplett durchs Dorf. Für die Kinder werden Bonschen und Süßigkeiten verteilt, die Erwachsenen mit Schnaps und Bier abgefüllt. Das Ganze mit reichlich Musik und am Straßenrand gibt es außerdem noch diverse Buden für Speis und Trank.

Im Anschluss nach dem Umzug treffen sich aktive Faslamsbrüder, Faslamsgäste und Zuschauer zur After-Show-Party im Gasthaus und feiern hier noch ein bisschen weiter.

Der Montag ist dann schließlich der Tag, der wirklich ganz in der alten Faslamstradition der eingangs erwähnten ersten Faslamsbrüder steht. Ab dem Vormittag beginnt nämlich der zweite Zug durchs Dorf, wieder angeführt von Faslamsmudder und -vadder. Im Schlepptau die kleine aber feine Blaskapelle, die das Nahen der Schnorrer bereits lange vorher ankündigt. Und natürlich eine Horde schnorrender Faslamsbrüder, die mit Körben und Bollerwagen bewaffnet durchs Dorf ziehen.

Geklingelt wird an jeder Haustür und dann – ganz wie früher – schamlos geschnorrt, was zu holen ist. Genommen und gegeben wird heute zwar am liebsten etwas Bargeld. Auch, weil was den Transport durch das ja doch ein paar Kilometer lange Hoopte deutlich vereinfacht. Die traditionellen Gaben, wie sie sicherlich zu allen Zeiten „geschnorrt“ worden sind, sind aber auch heute noch oft genug dabei: Mettwurst (hierfür wird eigens eine sogenannte Wurststange mitgeführt, auf der die Würste aufgefädelt werden), Eier, Schnaps, Butter, Brot und andere zünftige Köstlichkeiten, die man nach ein paar anstrengenden Tagen des Feierns gut gebrauchen kann.

Fast im Anschluss an die Schnorrer-Tour geht es dann wieder ins Gasthaus. Denn nun folgt das gemeinsame „Eieressen“ mit anschließendem „Danz ob op de Deel“, bei dem mit der Wagenprämierung der letzte Höhepunkt für die aktiven Faslamsbrüder stattfindet. Anschließend wird noch einmal bis in die Puppen ordentlich Faslam gefeiert – und so dem altehrwürdigen Faslamslied alle Ehre gemacht, in dem es ja bekanntlich heisst:

Uuuund alle Faslamsbrühühüder
leben so wie ich und du,
alle Faslamsbrühühüder
leben so wie wir.

Sie legen sich besoffen nieder,
stehen auf und saufen wieder,
alle Faslamsbrühüder
leben so wie wir.

Hinweis: Diesen Text hat der Autor in ähnlicher Form vor geraumer Zeit schon auf der Website des Hoopter Faslam veröffentlicht. Er wurde für diese Seite aktualisiert und erweitert. Die Fotos entstammen dem Archiv der Faslamsbrüder Hoopte e.V., das auf Facebook offen zugänglich ist und wo man noch sehr viel mehr solcher Schätze findet.

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