Um sich ein genaues Bild von der Lage der Schanze zu machen, soll zunächst auf den Begriff „Flügeldeich“ eingegangen werden. Unter dieser Bezeichnung ist ein vom Hauptdeich flusswärts (oder auch seewärts) geschwenkter Deichausläufer zum Schutze außendeichs gelegener Hafenanlagen u.a., hier der Stöckter Hafen und Ilmenau-Mündung, zu verstehen. Auf so einem Flügeldeich – dem Hauer Flügeldeich – stand einst die „Hoopter Schanze“, und zwar gleich hinter dem heutigen Ilmenau-Sperrwerk zur Elbseite hin.

Im Winsener Schloßturm-Museum kann man ein Modell dieser Anlage besichtigen, siehe Foto.  Allein das Wort „Schanze“ assoziiert zum Wort „verschanzen“, und das hat in erster Linie mit kriegerischen Auseinandersetzungen zu tun und weniger mit „verkrümeln“ in heikler Situation. Erbaut wurde die Festung im Jahre 1626 von den Dänen im 30-jährigen Krieg und nach ihrer Zerstörung durch Tilly Jahrzehnte später umgebaut und ausgebaut. Die Hoopter Schanze diente jahrhundertelang als Verteidigungs- und Kontrollpunkt an der Elbe gegenüber dem einflussreichen Zollenspieker. Die Schanze schützte auch die Fährverbindung dorthin, die ebenfalls von militär-strategischer Bedeutung war.

Zurück zum Thema „30-jähriger Krieg“: Otto Puffahrt schreibt in seinem Bericht über diese Zeit u.a. „Am 21. Juni 1627 wurden die Stadt Winsen und die umliegenden Dörfer durch die Dänen gebrandschatzt. Amtmann Kahrstedt schrieb später: „Die um Winsen gelegenen Dörfer – mindestens 25 an der Zahl – sind nunmehr eingeäschert. Unter die armen Leute ist ein so großer Schrecken gebracht, dass dieselben ganz verschüchtert, verzagt und mit ihrem Vieh und was sie sonst noch gerettet haben – das doch wenig ist – in die Gehölze geflohen sind.“ Die Not im Lande war groß! Hermann Löns hat mit seinem „Wehrwolf“ das Thema literarisch am Beispiel der Heidebauern behandelt. Am 27. Juli 1627 erfolgte der Angriff der kaiserlichen Truppen unter dem Kommando von Tilly auf die Hoopter Schanze. Der Angriff wurde zunächst von der dänischen Besatzung, unter der sich auch der dänische König befand, abgewehrt. Dabei waren ihnen hamburgische Truppen behilflich. Einem Nebenmann von Tilly wurde das Pferd unter dem Leibe erschossen. Zunächst erfolglos bei dem Angriff verlegte Tilly sein Hauptquartier nach Lauenburg, wurde aber vom Lüneburger Rat motiviert, es noch einmal zu versuchen. 500 Mann der kaiserlichen Streitmacht stürmten in der Nacht vom 15. auf den 16. August die Schanze. Ein zu Hilfe kommendes dänisches Schiff wurde versenkt. 60 Mann der Schanzenbesatzung fanden den Tod. Danach verließen die Dänen die Schanze. Im September 1627 überquerte der kaiserliche General Wallenstein bei Hoopte die Elbe auf seinem Weg ins Holsteinische.“ 

Was für Winsen zurückblieb war die Pest, welche die Truppen mitgebracht hatten! Nach einem Bericht vom Winsener Amtmann Berthold Kahrstedt erschien am 15. November am späten Abend Tilly im Gefolge von acht Fürsten bzw. Grafen unangemeldet in Winsen, um dort zu übernachten. Insgesamt mussten spontan 99 Personen und 111 Pferde untergebracht werden. Als Gegenleistung war Tilly bereit, die ständigen Lasten für die Winsener etwas zu erleichtern. Es folgten auf beiden Seiten der Elbe unruhige Jahre, auch in der Auseinandersetzung zwischen Hamburg/Lübeck auf der nördlichen Seite und dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg bei uns. Das Ende des Krieges ließ noch gut 20 Jahre auf sich warten. Auch auf dem Zollenspieker Ufer gab es seinerzeit eine Schanze. Den jeweiligen Landesherren auf beiden Seiten der Elbe ging es darum, die Elbschiffahrt inklusisve Zollerhebung unter Kontrolle zu halten. Aber immer auch gab es Gerangel zwischen den beiden Seiten wegen Schiffahrtsrechte und Fischereirechte, basierend auf vermeintlichen Hoheitsrechten. Daran lässt sich ermessen, wie wichtig die Hoopter Schanze in vielerlei Hinsicht einst war. Die militärstrategische Bedeutung der Schanze war auch während der napoleonischen Zeit noch vorhanden. Dies führte dazu, dass die Bevölkerung zur baulichen und personellen Unterhaltung der Schanze große Abgaben und Dienste zu leisten hatte. Die Belegschaft der Schanze war in seinem Umfeld in den Häusern zwangseinquartiert und musste von den Eigentümern ernährt werden.

Es kam noch schlimmer. 300 Franzosen besetzten die Schanze und mussten entsprechend beherbergt werden. Nach Napoleons Niederlagen im Osten rückten die Russen nach Westen vor, sie besetzten am 19. März 1813 die Stadt Winsen. Die Franzosen konnten die Schanze nicht mehr halten und sprengten sie im Dezember 1813. Zuvor muss Johann Peter Eckermann aus Winsen – Autor des Werkes „Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens“ -die Schanze noch mit eigenen Augen gesehen haben, denn in seinem Gedicht „Heimat“ schildert er seine Ankunft in Hoopte mit dem Schiff aus Hamburg kommend mit dem Vers:

„So Bucht auf Bucht entweichet nacheinander,

Im Fernen ist die Schanze schon zu sehen

Dort links die letzte Landschaft der Vierlander,

Bald werd‘ ich auf der Heimat Boden stehen.“

Durch die einsetzende Modernisierung der Waffentechnik verloren derartige Schanzen ihre Bedeutung und wurden nicht erneuert. Die Verteidigung läuft bekanntlich seit Jahrzehnten nach dem Prinzip der atomaren Abschreckung. Da muss man keine Folterwerkzeuge mehr zeigen. Nun steht dort exakt an dem Platz der Schanze das DLRG-Gebäude und daneben zwei Bänke. Ein herrlicher Ort, um dort während einer Radtour Pause zu machen und dem Treiben auf der Elbe zuzusehen und den Blick nach Zollenspieker zu richten.

Wer käme dabei schon auf den Gedanken, dass hier früher einmal zahlreich Menschen gestorben sind?

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